Interview mit Thomas Bressau:
Wettbewerbe laufen wie geschnitten Brot - trotz Corona
Thomas Bressau ist seit 2015 Wettbewerbsreferent der Schulbehörde. Wir haben mit ihm über die Beliebtheit des Kräftemessens, Begabungen und Wettbewerbe unter Corona-Bedingungen gesprochen.
Newsletter: Herr Bressau, wie war das Wettbewerbsjahr?
Thomas Bressau: Geschlossene Schulen, Kontaktverbote und Kohortenregelungen ließen Schlimmes vermuten. Corona hat zwar tatsächlich an vielen Stellen für gesunkene Teilnahmezahlen gesorgt, aber richtig „eingebrochen“ ist kein Wettbewerb. Es gab sogar Wettbewerbe, die in diesen Zeiten zugelegt haben.
NL: Welche sind das?
TB: Alle Wettbewerbe, für die man zuhause arbeiten konnte. Allen voran die kreativen Angebote wie Foto- oder Schreibwettbewerbe. Allein der Hamburger Märchenschreibwettbewerb hatte mehr als 800 Einsendungen – Rekord! Aber auch die erste Runde der Mathematik-Olympiade, die als Hausaufgabenrunde stattfindet, war höchst erfolgreich.
NL: Wo gab es die größten Einschnitte?
TB: Gemeinsames Theaterspielen war nicht möglich, aber auch das Forschen von Jugendlichen unterschiedlicher Klassenstufen war schwierig. Trotzdem hat es geklappt: Alle haben sich Gedanken gemacht, wie es doch noch gehen könnte. So entstanden zum Beispiel Theatercollagen. Und die Forschenden haben sich über Skype verständigt oder in der Schule in verglasten Räumen getrennt gearbeitet. Sie konnten sich sehen und per Handy hören.
NL: Das klingt nach großem Einfallsreichtum …
TB: Genau. Und hier ist auch den betreuenden Lehrkräften großer Dank auszusprechen. Schließlich hatten sie in diesem Jahr viele Herausforderungen zu bewältigen. Dass sie ihren Schülerinnen und Schülern die Wettbewerbe dennoch ans Herz gelegt und sie begleitet haben, ist ihnen hoch anzurechnen!
NL: Gab es denn auch Totalausfälle?
TB: In Teilen. „Jugend jazzt“, bei dem Bigbands angetreten wären, musste ebenso verschoben werden wie das „Hamburger Mehrsprachenturnier“. Und natürlich die Preisverleihungen. Sie sind immer das Sahnehäubchen, konnten aber nicht „live und in Farbe“ stattfinden. Und online machen sie keinen Spaß. Also wurden oft Urkunden und Preise verschickt. Ein bisschen fad…
NL: Auch das Hamburger Wettbewerbsfest im Rathaus musste ausfallen – wird es 2021 stattfinden?
TB: Ich bin im Austausch mit dem Rathaus. Der Termin ist reserviert, aber wir müssen im Herbst entscheiden. Das Fest ist der Höhepunkt des Jahres – eine Hamburgensie, um die uns andere Bundeländer beneiden. Es wäre schade, wenn es erneut ausfiele, aber Sicherheit geht vor!
NL: Das neue Wettbewerbsjahr steht bevor – wie sind die Aussichten?
TB: Die Wettbewerbsveranstalter planen – wie im vergangenen Jahr – erst einmal ganz normal. Sie haben Pläne B und C in der Schublade und haben auch in diesem Jahr schon gut auf die jeweilige Lage reagiert. Ich bereite gerade die neue Wettbewerbsbroschüre vor, auf 100 Seiten finden sich dann 88 Wettbewerbe – viele Klassiker, aber auch ein paar neue Angebote.
NL: Was zum Beispiel?
TB: Bei den Naturwissenschaften haben wir „Chemie – die stimmt“ aufgenommen, einen hervorragenden Wettbewerb zur Vorbereitung auf die Internationale Chemie Olympiade. Bei den kreativen Wettbewerben gibt es einen deutsch-französischen Comic-Wettbewerb und einen britischen Schreibwettbewerb, außerdem einen Wettbewerb zum ehrenamtlichen Engagement: „Ist doch Ehrensache“. Und gleich zwei neue Fotowettbewerbe gehen auch ins Rennen
NL: Wie fördert Hamburg diese 88 Wettbewerbe?
TB: In unterschiedlicher Weise. Wir machen sie bei den Schulen bekannt, stellen aber bei größeren Wettbewerben auch Ressourcen zur Verfügung: Lehrkräfte fungieren dann im Rahmen einer Abordnung zum Beispiel als Landeskoordination. Und in einigen Fällen sind wir auch finanziell beteiligt.
NL: Wettbewerbe laufen also gut – woran liegt das?
TB: Ja, die laufen wie geschnitten Brot. Für alle Interessen und Begabungen ist etwas dabei. Da kann sich jede und jeder im eigenen Feld austoben. Sich mit anderen zu messen und in Konkurrenz zu treten, befeuert die jungen Talente. Sie können zeigen, was sie drauf haben.
NL: Aber nicht alle können gewinnen …
TB: Ja, das ist richtig. Und es gibt Kritiker, die vor den Auswirkungen des Verlierens warnen. Aber das halten die Kinder und Jugendlichen aus. Im Gegenteil: Viele greifen im nächsten Jahr dann nochmal richtig an. Oder aus pädagogischer Perspektive gesprochen: Aus Niederlagen lernt man – nicht nur für das nächste Wettbewerbsjahr, sondern fürs Leben. Da läuft ja auch nicht immer alles auf Anhieb glatt.
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