Schulbehörde und Kinderärzte einig: Präsenzunterricht ist wichtig!
Hamburgs Kinderärzte stellen bei Schülerinnen und Schülern noch immer gesundheitliche Auswirkungen des Lockdowns im Frühjahr fest. „Wir sehen vermehrt Kinder mit psychischen Belastungen und Kinder mit neu aufgetretenen oder verstärkten Verhaltensauffälligkeiten“, so Dr. med. Stefan Renz, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Hamburg. Auch eine deutliche Verschlechterung der Sprachkompetenz Deutsch, zunehmende Adipositas sowie eine Zunahme häuslicher Gewalt verzeichneten die Ärzte bei ihren jungen Patienten.
In der vergangenen Woche haben sich Vertreter der Schulbehörde mit Hamburger Kinder- und Jugendärzten zu den möglichen Folgen Corona-bedingter Schulschließungen fachlich beraten. Bildungssenator Ties Rabe fühlt sich durch die Ausführungen der Ärzte bestärkt, an seiner Strategie der Öffnung der Schulen festzuhalten. Rabe: „Unsere Erfahrung aus dem ersten Lockdown haben gezeigt, dass Hybrid- oder gar Distanzunterricht auch bei verbesserter Digitalisierung nicht die Qualität des Präsenzunterrichts erreichen können. Außerdem stehen Familien vor enormen Betreuungsproblem, und das für die Persönlichkeitsentfaltung entscheidende soziale Lernen findet kaum statt. Wenn die Kinder- und Jugendärzte jetzt vermehrt psychische Belastungen, mangelnde Sprachentwicklung und sogar zunehmende Verhaltensstörungen diagnostizieren, sind das ernst zu nehmende Signale.“
Für den Fall einer erneuten Einschränkung des Präsenzunterrichts forderten die Kinder- und Jugendärzte, dass insbesondere Schüler mit besonderem Förderbedarf sowie jene, deren Sorgeberechtigte keine ausreichende Betreuung gewährleisten können, nicht oder so wenig wie möglich im Heimunterricht, sondern möglichst viel im Präsenzunterricht beschult werden.
Ideenwettbewerb: 1.208 Namensvorschläge für 44 neue Schulen
Bis zum Jahr 2030 sollen in Hamburg 44 neue staatliche Schulen entstehen, davon 21 Grundschulen, 13 Stadtteilschulen, sieben Gymnasien sowie drei weiterführende Schulen, über deren Schulform noch nicht entschieden ist. Im Februar waren alle Hamburgerinnen und Hamburger dazu aufgerufen, Namen für die neuen Schulen vorzuschlagen. Der Ideenwettbewerb der Schulbehörde kam an: Insgesamt 454 Hamburger beteiligten sich und reichten 1.208 Vorschläge mit 717 unterschiedlichen Schulnamen ein. Besonders häufig wurden die Politikerin Elisabeth Selbert, „Gründungsmutter“ des Grundgesetzes, und der vor einem Jahr verstorbene Schauspieler Jan Fedder vorgeschlagen.
Bei den eingereichten Namensvorschlägen hatten die weiblichen Persönlichkeiten die Nase vorn: Mehr als zehnmal wurden etwa die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann, die Schriftstellerin Astrid Lindgren, die Mathematikerin Emmy Noether, die Schauspielerin Heidi Kabel und die Natur- und Pflanzenschützerin Loki Schmidt vorgeschlagen. Nach Letztgenannter ist bereits eine Grundschule in Othmarschen benannt.
Zurzeit sind Hamburgs Grundschulen meist nach ihrer Straße benannt, Stadtteilschulen nach ihrem Stadtteil und Gymnasien nach ihrem Stadtteil oder einer Persönlichkeit. 95 Hamburger Schulen tragen bereits den Namen einer Persönlichkeit, darunter 67 männliche und 28 weibliche. Lebende Personen können in Hamburg nicht Namenspate für eine Schule sein, deshalb können einige der eingereichten Vorschläge vorerst nicht berücksichtigt werden. Die letzten Namensgeber für Hamburger Schulen waren Alt-Bundeskanzler Helmut-Schmidt (Gymnasium Wilhelmsburg), die Europa-Politikerin Louise Weiss (Gymnasium Hamm) und der Pädagoge Georg Kerschensteiner (Grundschule in Harburg).
Über den Schulnamen entscheiden bei neu zu gründenden Schulen die Gründungsschulleitung, die Rechtsabteilung der Schulbehörde, der jeweilige Bezirk und die Landeszentrale für politische Bildung, das letzte Wort hat die Behördenleitung. Bei allen Vorschlägen wird vorab sorgfältig geklärt, ob namensrechtliche Bedenken bestehen, außerdem werden Handeln und Haltung der Namensgeber überprüft. Bildungssenator Ties Rabe: „Ich freue mich sehr, gemeinsam mit allen Beteiligten aus der Fülle dieser Vorschläge zu schöpfen und bin gespannt, welche Namen die neuen Hamburger Schulen bekommen werden. Die Ideengeber werden in jedem Fall als Ehrengäste zur Schulgründung eingeladen und dort entsprechend gewürdigt.“
Vor zwei Wochen haben sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer klar für den Präsenzunterricht an Schulen ausgesprochen. Nur in Regionen mit besonders hohen Infektionszahlen – mehr als 200 Infektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner – soll es Wechselunterricht geben. Hamburg zählt nicht dazu, die Infektionszahl liegt weit darunter. Deshalb findet in Hamburg flächendeckend Präsenzunterricht statt. Lediglich Schulen mit einer sehr hohen Zahl von Corona-Infektionen können für eine befristete Zeit ab Klasse 8 Hybridunterricht einführen. Betroffen sind hiervon zurzeit 18 Stadtteilschulen und fünf Gymnasien». Bildungssenator Ties Rabe: „Diese Schulen haben die Möglichkeit, für maximal sechs Wochen Wechselunterricht einzuführen, bis die Infektionszahlen gesunken sind.“
Die Möglichkeit des Wechsel- oder Hybridunterrichts soll Schulgemeinschaften mit höheren Infektionszahlen Planungssicherheit und Mitgestaltungsmöglichkeiten geben. Dabei gilt es, alle pädagogischen, schulorganisatorischen und gesundheitlichen Aspekte zur Reduzierung des Restrisikos abzuwägen. Lehrer-, Eltern- und Schülervertretungen in der Schulkonferenz entscheiden darüber, ob Hybridunterricht eingeführt wird, in welchem Zeitraum und in welchen Klassenstufen. Dabei sind viele Varianten möglich. Beispielsweise könnte eine Schule nur in Klassenstufe 11 und nur im Januar oder in den Klassenstufen 8 und 11 und nur in den ersten Tagen nach den Weihnachtsferien Hybridunterricht einführen und in allen anderen Klassenstufen den Präsenzunterricht beibehalten.
Beim Hybridunterricht werden die Klassen in zwei etwa halb so große Lerngruppen geteilt. Jeweils eine Lerngruppe hat Präsenzunterricht in der Schule, die andere Lerngruppe lernt im Distanzunterricht außerhalb der Schule. Durch die Teilung der Klassen in kleinere Lerngruppen ist es möglich, im Unterricht den Mindestabstand einzuhalten. Die Abschlussklassen 9, 10 und 13 der Stadtteilschulen sowie die Abschlussklassen 12 der Gymnasien sind vom Hybridunterricht ausgenommen. Inzwischen haben die Schulleitungen der betroffenen Schulen bereits ihre Schulkonferenzen eingeladen. Entscheidungen liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor.
Corona-Infektionen: Aktuelle Lage an Schulen wird wöchentlich im Newsletter veröffentlicht
Auf vielfachen Wunsch berichten wir jeden Freitag im Newsletter über die aktuellen Infektionszahlen an Hamburgs Schulen. In der vergangenen Woche, vom 5. bis 11. Dezember, meldeten 325 Schulbeteiligte eine Infektion mit dem Corona-Virus. Darunter waren 259 Schülerinnen und Schüler sowie 66 Schulbeschäftigte. Im Vergleich zur Vorwoche ist die Zahl der Infektionen gestiegen, denn im Zeitraum 28. November bis 4. Dezember hatten sich insgesamt 218 Schulbeteiligte infiziert, darunter 174 Schülerinnen und Schüler sowie 44 Schulbeschäftigte. Dennoch liegt die Zahl unter dem Wochendurchschnitt von 372 Infektionen seit den Herbstferien.
Im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Infektionen in der Hamburger Bevölkerung liegt der Anteil der Infektionen von Schulbeteiligten in dieser Woche bei 13,85 Prozent. Das ist weniger als der Anteil der Schulbeteiligten an der Gesamtbevölkerung von 15,3 Prozent. Hamburgs Schulbeteiligte sind insofern in dieser Woche im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung weniger stark infiziert worden. Aktuell befinden sich 3.107 Schülerinnen und Schüler sowie 274 Schulbeschäftigte in vorsorglicher Quarantäne. Zum selben Stichtag in der Vorwoche waren es 2.503 Schülerinnen und Schüler sowie 200 Schulbeschäftigte.
Bundesvorsitzende des Ganztagsschulverbands im Interview: Hamburg schon sehr weit
Die Landesverbände des Ganztagsschulverbandes setzen sich für die Qualität der Ganztagsangebote ein. Eva Reiter ist seit vier Jahren Landesvorsitzende des Ganztagsschulverbands Hamburg, seit zwei Jahren außerdem Vorsitzende des Bundesverbands. In ihrer Funktion als Bundesvorsitzende hält sie die Hansestadt für ein Vorbild in Sachen Ganztag, als Landesvorsitzende dagegen sieht sie an einigen Stellen durchaus noch Verbesserungsbedarf. Der Landesverband Hamburg hat zurzeit 83 Mitglieder.
Newsletter: Frau Reiter, Sie sind nicht nur Landes- und Bundesvorsitzende des Ganztagsschulverbands, sondern auch Lehrerin an einer Hamburger Ganztagsschule und seit 2008 dort Ganztagskoordinatorin. Woher kommt Ihr großes Interesse am Ganztag?
Eva Reiter: Ich brenne einfach für dieses Thema. Das Interesse war schon da, bevor meine Schule, die Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg, 2005 gebundene beziehungsweise teilgebundene Ganztagsschule wurde. Früher waren viele Kinder und Jugendliche in unserem einkommensschwachen Stadtteil nachmittags meist unbetreut. Zwar gibt es auf dem Dulsberg unterschiedliche Sportvereine und ein Haus der Jugend, doch dort kamen viele oft gar nicht an. Das wurde auch im Elternhaus nicht gefördert. Mit Einführung des Ganztags änderte sich das, wir kooperieren heute mit vielen Stadtteileinrichtungen. Mein Interesse ist vor allem, dass die Kinder und Jugendlichen am Nachmittag sinnvoll beschäftigt werden. Und sich wohlfühlen, denn die Schülerinnen und Schüler verbringen ja sehr viel Zeit im Ganztag.
Newsletter: In Hamburg nehmen knapp 87 Prozent aller Schülerinnen und Schüler der staatlichen Schulen am Ganztag teil, mit diesem Wert liegt die Hansestadt deutschlandweit an der Spitze. Wie kann der Ganztagsschulverband noch weiter unterstützen, worin sehen Sie als Landesvorsitzende Ihre Hauptaufgaben?
Reiter: Da in Hamburg mittlerweile alle Schulen Ganztagsangebote haben, müssen wir uns im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht mehr mit dem Rechtsanspruch – der besteht in Hamburg seit 2012 – auseinandersetzen, sondern können uns voll und ganz auf die inhaltliche, qualitative Ausrichtung konzentrieren. Hamburg ist an vielen Stellen schon sehr weit: Der Ganztag ist flächendeckend eingeführt, es gibt einen Ganztagsausschuss an Schulen und ein Netzwerk der Ganztagskoordinatoren in der Stadt. Von solch einem Austausch träumen manche andere Bundesländer. Verschiedene Gremien beschäftigen sich mit dem Ganztag, es gibt Qualitätsforen. Ebenso haben wir eine Rand- und Ferienbetreuung, was längst nicht alle Bundesländer anbieten. Doch es gibt auch noch einiges zu tun, vor allem in qualitativer Hinsicht.
Geschenkt: Historisches Foto und 6.600 Euro für das Helmut-Schmidt-Gymnasium
Ein Schwarz-Weiß-Foto von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem ehemaligen ägyptischen Staatspräsidenten Anwar al-Sadat wird bald eine Wand im Helmut-Schmidt-Gymnasium in Wilhelmsburg zieren. Die Begegnung beider Staatsmänner im Dezember 1977 symbolisiert den unbeschwerten und offenen Dialog zwischen Kulturen und Religionen. Das Bild ist ein Geschenk der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, verbunden mit einer Spende über 6.600 Euro. In einer Online-Auktion hatte die Stiftung 13 Fotoprints aus das Leben des ehemaligen Bundeskanzlers versteigert und den Erlös dem Projekt „L.O.K.I“ zur Verfügung gestellt. Das Gemeinschaftsprojekt von Gymnasium und Stiftung fördert im Rahmen eines Mentoring-Programms Schüler individuell und über mehrere Jahre auf ihrem Weg in die Oberstufe. Schulleiter Volker Clasing freut sich: „Das Foto wird einen Ehrenplatz an zentraler Stelle bekommen. Und die großzügige Spende wird ganz wesentlich dazu beitragen, einzelne Schülerinnen und Schüler gezielt zu unterstützen. Ich bin mir sicher, das hätte dem Ehepaar Schmidt gefallen!“
Aktuelles: MINT im Stream – Digitale Berufsorientierung – DJV-Jubiläumsbuch - Digitaler Adventskalender
► Vom 14. bis 17. Dezember findet die erste Streaming-Konferenz für MINT-Oberstufenprofile statt. Die Match Days» bringen Referenten und Expertinnen direkt in die Oberstufen der Schulen und setzen mit vier Schwerpunkten relevante Themen auf die Agenda: Saubere Technologien, Künstliche Intelligenz & Algorithmen, Mobilität sowie Infektionsforschung. Vormittags werden je vier Vorträge zum jeweiligen Thema, beispielsweise zu Wasserstoff, zu Reallaboren der Stadt Hamburg oder aus dem UKE direkt ins Klassenzimmer gestreamt. Nachmittags werden passende, zukunftsweisende Berufe und Studiengänge vorgestellt, Mitarbeiter aus Unternehmen und Hochschulen bieten Einblicke in Beruf und Studium.
► Zurzeit sind viele Angebote der Berufsorientierung wie Firmenbesuche oder Berufsmessen nicht möglich. Die Stadtteilschule Bahrenfeld» hat ihre Angebote deshalb in den digitalen Raum verlagert. So können beispielsweise die Berufsorientierungstage in Jahrgang 10, bei denen Schülerinnen und Schüler simulierte Vorstellungsgespräche mit Firmenvertretern führen, mittels der Plattform IServ weiterhin durchgeführt werden, nur eben online. Auch Firmenbesuche sind weiter möglich: In einem bisher einmaligen Pilotprojekt wurde mit Unterstützung von SchuleWirtschaft Hamburg ein Konzept für digitale Firmenbesuche erarbeitet, das mit den Firmen Aurubis und Still bereits umgesetzt wird. Vom 23. bis 27. November fand außerdem die „Mint4Girls“ statt, eine digitale Projektwoche für Schülerinnen mit einem besonderen Interesse an Mathematik, Technik und Naturwissenschaften.
► Schon wenige Tage nach Kriegsende fanden sich in Hamburg aufrechte Journalisten zusammen, die während des Regimes ihren Beruf nicht ausüben konnten oder wollten. In wenigen Monaten gründeten sie einen Verband politisch unbelasteter Berichterstatter - die Berufsvereinigung Hamburger Journalisten, Vorläufer des heutigen Deutschen Journalistenverbands (DJV) Hamburg. Wer waren sie und was trieb sie um? Was hat Helmut Schmidt mit Erich Klabunde zu tun? Wofür demonstriert der DJV-Hamburg im Miniaturwunderland? Diese und weitere Fragen beantwortet das Jubiläumsbuch, das der DJV Hamburg zu seinem 75. Jubiläum gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung herausgegeben hat. Das Buch gibt es für drei Euro im Shop der Landeszentrale, Dammtorwall 1.
► Die jungen Mitglieder der Anti-Rassismus AG am Gymnasium Finkenwerder» haben einen bunten Adventskalender gegen Rassismus und Isolation in Coronazeiten auf die Beine gestellt. Neben Familienrezepten für Wintermarmelade und Pfannkuchen gegen Rassisten finden sich hinter den Türchen zum Beispiel interessante Informationen zur NS-Vergangenheit Finkenwerders. Es befand sich dort nämlich eine Außenstelle des Konzentrationslagers Neuengamme. Alle Texte sind von den Schülerinnen und Schülern der AG selbst geschrieben und recherchiert. Zu erreichen ist der Kalender über die Homepage des Gymnasiums.
Unsere Zahl der Woche ist die 717. So viele unterschiedliche Schulnamen haben Hamburgerinnen und Hamburger beim Ideenwettbewerb der Schulbehörde vorgeschlagen. Wer mehr darüber wissen möchte, kann sich hier informieren»