Im Interview: Anette Borkel, „Königin der Kurse“ bei der Hamburger Volkshochschule
Im BSB-Newsletter-Interview kommen Menschen aus der Schulwelt zu Wort und berichten von ihrer Arbeit. Heute: Anette Borkel, Leiterin der Programmabteilung der Hamburger Volkshochschule. Die 58-Jährige entscheidet mit ihrem Team zentral für ganz Hamburg, welche Kurse angeboten werden.
Newsletter: Frau Borkel, welche Kurse sind denn im Moment am beliebtesten?
Anette Borkel: Das ist bei über 8.800 Angeboten schwer zu sagen. Es gibt aktuell zwei Trends, die im Grunde gegensätzlich sind: Auf der einen Seite sind digitale Angebote wie Social Media- oder Word Press-Kurse sehr gefragt, andererseits gibt es ein großes Bedürfnis nach Kursen, in denen man etwas selber machen kann, etwa Handlettering - das sind gemalte Schriften - oder Töpfern. Ein weiterer Trend geht in Richtung Stressbewältigung, da wird die Nachfrage stetig größer.
Newsletter: Die VHS ist jetzt 100 Jahre alt. Gibt es Kurse, die damals beliebt waren und heute völlig in Vergessenheit geraten sind?
Anette Borkel: Das denkt man so, aber viele Kurse, die schon in den 1920er Jahren im Progamm waren, gibt es auch heute noch so ähnlich, aber es sind viele andere dazugekommen. Zu Beginn der Volkshochschule konnten die Teilnehmer Englisch und Französisch lernen, heute bieten wir rund 130 Sprachen an, darunter Exoten wie Georgisch und Swahili oder die Gebärdensprache. Englisch ist heute eher rückläufig, dafür sind arabische Sprachen mehr gefragt. Das hängt mit den gesellschaftlichen Veränderungen zusammen.
Newsletter: Was sind denn die ungewöhnlichsten Kurse bei Ihnen? Gibt es auch abstruse Angebote?
Anette Borkel: Im letzten Jahr hatten wir 540 ganz neue Kurse im Angebot, darunter einen Kicker-Kurs und einen Skatebord-Kurs. Auch Georgisch ist neu im Programm, das Interesse an der Sprache liegt wohl auch am Erfolg der georgischen Autorin Nino Haratischwili. Abstruse Kurse bieten wir gar nicht an, wir haben schließlich einen hohen Qualitätsanspruch, übrigens auch bei den Kursleitern.
Newsletter: Zeitgleich mit der VHS wurde in Hamburg 1919 die Uni gegründet. Dort gibt es Abschlüsse, bei der VHS nicht. Was nützt dann eigentlich so ein VSH-Kurs?
Anette Borkel: Das ist allgemein schwer zu beantworten. Bei uns können die Menschen das lernen, wozu sie Lust haben. Das spielt eine riesengroße Rolle. Sie zahlen Geld für den Kurs und nehmen sich die Zeit, zu uns zu kommen. Es gibt übrigens auch bei uns Zertifikatskurse.
Newsletter: Bundesweit sind zwei Drittel der VHS-Kursteilnehmer weiblich. Wie ist das in Hamburg?
Anette Borkel: Genauso. Man kann sagen, allgemeine Weiterbildung ist eher weiblich, berufliche eher männlich besetzt. Eine Ausnahme ist das Thema Essen und Trinken, da ist die Männerquote relativ hoch, Kochen liegt offenbar bei Männern gerade im Trend. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer liegt bei 40 bis 60 Jahren.
Newsletter: Frau Borkel, haben Sie selbst schon mal einen Kurs besucht?
Anette Borkel: Oh ja, ganz viele. Zuletzt einen Kurs zum Thema Klimaschutz und Klimawandel am Hamburger Geomatikum, sehr interessant!
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