Interview: Vom Schulleiter zum Late-Night-Talker
Björn Lengwenus, Leiter der Stadtteilschule Alter Teichweg, geht zurzeit ungewöhnliche Wege, um seine rund 1.600 Schülerinnen und Schüler gut durch die Corona-Krise zu bringen. Jeden Tag wird an seiner Schule in Dulsberg eine neue Online-Folge für den Social-Media-Kanal Youtube gedreht: Die „Dulsberg Late Night“ läuft immer abends um 22 Uhr.
Newsletter: Herr Lengwenus, Sie bekommen gerade bundesweit mediale Aufmerksamkeit für Ihre Late Night Show, die Tagesthemen, das ARD-Morgenmagazin, BILD und sogar der Stern haben berichtet. Was genau machen Sie in der Show?
Lengwenus:Wir haben in der ersten Woche der Schulschließung festgestellt, dass das digitale Lernen gut funktioniert, aber Schule ist doch so viel mehr: Freunde treffen, die Pausen gemeinsam verbringen, zusammen lachen. Wir möchten mit der „Dulsberg Late Night“ eine Art digitalen Pausenhof schaffen. Ein täglicher „Treffpunkt“ für alle. Schülerinnen und Schüler kommen in der Show zu Wort und tauschen sich aus.
Newsletter: Die Show wirkt ziemlich professionell. Wer wirkt dabei mit im Hintergrund?
Lengwenus:Film ist ja einer der großen Profilschwerpunkte unserer Schule. Wir haben mit Ole Schwarz und Martin D´Costa zwei professionelle Filmemacher mit an Bord. Ole hat das ganze Filmstudio in die Aula gebaut. Die Hamburg-Silhouette ist nicht eingeblendet, sondern mit der Laubsäge ausgeschnitten. Koordiniert wird das Ganze von unserem Kulturagenten Matthias Vogel.
Newsletter: In Zeiten von Corona müssen Hamburgs Lehrerinnen und Lehrer neue Wege gehen. Wie läuft das sogenannte homeschooling bei Ihnen an der ATW?
Lengwenus:Wir hatten bislang nur in der Oberstufe durchgängige digitale Strukturen. Unsere Sportler nutzen E-Learning während langer Trainingslager natürlich sehr intensiv. Für alle anderen Stufen mussten wir das komplett innerhalb eines Wochenendes aufbauen. Wir haben da wenig Vorgaben gemacht, sondern lassen die Lehrkräfte ihre eigene Methode finden. Viele erstellen Padlets, es gibt Gruppenkonferenzen mit Zoom und Anwesenheitslisten über WhatsApp.
Newsletter: Und was ist mir den Schülern, die kein Smartphone oder Laptop zuhause haben?
Lengwenus:Bei uns auf dem Dulsberg haben nicht alle Kinder Zugang zu Geräten und Internet. Deswegen haben wir mit unseren Honorarkräften eine eigene Poststelle gegründet und liefern täglich rund 250 Pakete in den Stadtteil. Die Kolleginnen und Kollegen packen individualisierte Lernpakete und nachmittags finden die Schüler diese dann auf ihren Fußmatten. Nur digital allein geht bei uns nicht. Gerade die jüngeren und schwächeren Schüler bekommen auch Einzelbetreuung am Telefon. Da dürfen sie etwas vorlesen oder werden individuell beraten bei ihren Aufgaben.
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